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Doris Stallmann

Ist unsere Freiheit wirklich in Gefahr?

Ich verfolge schon eine ganze Weile die Proteste gegen die Einschränkungen der Regierung in Zeiten von Corona. Vielen gehen die aufgestellten Regeln zu weit. Sie empfinden das aktuelle Vorgehen als massiven Eingriff in die persönliche Freiheit und protestieren lautstark. Vergleiche mit totalitären Regimes, wie dem der DDR werden gezogen. Die Stimmung ist angespannt, Diskussionen kaum mehr möglich, die Fronten verhärtet. 

 

Was ich an diesem Aufschrei nach Freiheit so bemerkenswert finde, ist die Tatsache, dass wir uns aus meiner Sicht noch nie in einem derartigem Maß die Freiheit selbst abgegraben haben, wie in der aktuellen Zeit – ohne Regierung und ohne regulierende Behörde. Wir ganz alleine!

 

Bereits 1771 schrieb Göthe: “Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das Bisschen, das ihnen von Freiheit übrig bleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden.“ Hat sich seit damals etwas geändert? Nein! Es ist nur noch schlimmer und noch verrückter geworden. Laut Wikipedia wird Freiheit als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und zu entscheiden. Können wir uns ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten entscheiden? Ja, können wir nach wie vor! Tun wir es? Nein! – die Meisten zumindest.

 

Wir haben Errungenschaften, die uns das Leben in einem Masse erleichtern, wie wir es vor Jahrzehnten niemals für möglich gehalten hätten. Was machen wir damit? Wir lenken uns ab und müllen uns zu. Laut Statistik verbringt der durchschnittliche Deutsche pro Tag 2,5 Stunden mit seinem Smartphone und 4 Stunden vorm Fernseher. Wenn wir noch 8 – 10 Stunden Arbeit hinzuzählen, was bleibt da unter der Woche noch übrig von der großen Freiheit?

 

Aber selbst wenn wir Job und Entertainment bei Seite lassen – Computer haben wir noch gar nicht erwähnt – was bleibt dann noch übrig? Im Rhythmus der Jahreszeiten verbringen viele Woche um Woche – Monat für Monat – Jahr für Jahr. Von Weihnachten bis Weihnachten – jedes Jahr der gleiche Ablauf. Wir bewegen uns sehr oft in einem ziemlich engen Korsett, das nur wenig Spielraum zulässt. Wer hat dieses Korsett geschnürt? Die Regierung? Die Konzerne? 

 

Gustav Maler hat mal so schön gesagt: “Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Verehrung der Asche.“ Wieviel Feuer leben wir und wie viel Verehrung von Asche bestimmt unser Leben?

Wie viel von unserem Leben ist wirklich geprägt aus der freien Wahl der Möglichkeiten? Und wie viele Entscheidungen treffen wir, weil wir es schon immer so gemacht haben? Wie viel in unserem Leben ist reine Routine und Gewohnheit – und wieviel ist Ergebnis freier, spontaner Entscheidung?

 

Freiheit bedeutet Abenteuer und nicht zu wissen, was als nächstes kommt. Freiheit bedeutet Neuland zu entdecken – jeden Tag. Freiheit bedeutet, die Möglichkeiten, die das Leben bietet auszukosten – jeden Tag. Wir können jeden Tag neue Wege beschreiten, in die Veränderung gehen oder Entscheidungen neu treffen. Machen wir davon Gebrauch? Sehr oft nicht oder nur reduziert! Denn Freiheit bedeutet natürlich auch, jeden Tag der Unsicherheit und der Ungewissheit ins Auge zu blicken. Alles, was neu ist, ist ein potentielles Wagnis mit ungewissem Ausgang. Die Möglichkeit des Scheiterns ist immer mit an Bord. Wieviel Freiheit gibt es wirklich in unserem Leben und wieviel Freiheit haben wir geopfert für Sicherheit, Bequemlichkeit und Kontinuität?

 

„Wer bereit ist, Freiheit zu opfern, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder das eine noch das andere, und wird am Ende beides verlieren.“ – hat bereits Benjamin Franklin gewusst. Ist die Freiheit wirklich in Gefahr? Oder haben wir uns bereits vor langer Zeit daran gewöhnt, keinen Gebrauch davon zu machen und die aktuellen Maßnahmen der Regierung halten uns lediglich einen Spiegel vor?

 

Wie viel Freiheit lebst Du in Deinem aktuellen Leben und wärst Du bereit für ein richtiges Abenteuer?

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